Unsere Kampagne:Antifeminismus ist keine Alternative

My Body My Choice ist nicht nur eine leere Phrase! Auch im Jahre 2020 wird das Selbstbestimmungsrecht von FLINT*-Personen (Frauen, Lesben, Inter, Non-binäre und trans Personen) in alltäglichen Situationen, parlamentarischen Entscheidungen und politischen Kontexten immer noch bekämpft oder unsichtbar gemacht. Auch wir bekommen diese Ungerechtigkeit jeden Tag zu spüren. Und wir sind wütend. Wir werden das nicht länger akzeptieren. Ihr solltet das auch nicht. Unter dem Label ,,Antifeminismus ist keine Alternative“ werden wir mehrere Veranstaltungen planen.       Es wird Vorträge, Diskussionsrunden und verschiedene Workshops geben, zudem werden wir uns in zahlreichen Protesten und Demonstrationen einbringen.

Werdet aktiv! Organisiert euch! Bildet euch – bildet andere!

Immernoch werden wir alle in fest konstruierte patriarchale Rollenbilder gedrückt. Gesellschaftlich sind FLINT*-Personen und Cis-Männer nicht gleichwertig, von uns wird mehr Arbeit, besonders Sorgearbeit, erwartet. Dies leisten wir auch, angemessene Anerkennung bleibt allerdings aus. Auch bei der Lohnarbeit ziehen wir den Kürzeren. Für die selbe Arbeit bekommen wir immer noch ein drittel weniger Lohn, statistisch gesehen arbeiten wir 77 Tage länger für den selben Lohn.

Jeden Tag sehen sich FLINT*-Personen mit den unterschiedlichsten Formen von Gewalt konfrontiert. Wir haben von kleinauf verschiedenste Schutzmechanismen verinnerlicht, wie zum Beispiel nur in Begleitung einen Ort aufzusuchen; nicht auf     Cat-Calling(1) zu reagieren, sich aus Angst anders zu kleiden oder provisorische „Bewaffnung“ wie Pfefferspray oder einen Schlüsselbund in der Faust bereitzuhalten. Für viel zu viele von uns ist das normal, doch das darf es nicht sein! Wir planen unsere Wege, sowie die Zeiten zu welchen wir sie absolvieren. Wir planen unsere Partynächte und selbst dort können wir nicht abschalten und müssen auf uns, unsere Freund*Innen und Getränke achtgeben. Auch der Gang zur Toilette ist mit Angst behaftet( z.b wegen versteckten Kameras, übergriffige Cis-Männer etc.). Doch diese Realität ist eine Bittere und wir werden sie nicht mehr länger hinnehmen.

„sichere Räume“?

Auch in emanzipatorischen, linken „Schutzräumen“ können wir uns nicht vor patriarchaler Gewalt sicher fühlen. Erst vor kurzem zeigte uns der Vorfall bei dem explizit feministischen Festival „Monis Rache“, dass es keine „sicheren Räume“ für uns geben kann – ein Mitorganisator des Festivals filmte heimlich Besucher*Innen beim Toilettengang und stellte die Aufnahmen online. Auch beim Fusion-Festival kam es zu ähnlichen Aufnahmen.

Im Alternativen Zentrum „Conne Island“ kam es Ende 2019 am Rande eines Konzerts zu einer Vergewaltigung durch ein Bandmitglied der Gruppe HGich.T.

Warum kann es in Räumlichkeiten, die sich als antipatriarchal und feministisch bezeichnen zu solchen Übergriffen kommen? Warum kommen solche Vorfälle erst durch unabhängige Recherchen ans Licht und selbst dann werden lieber Täter, als Opfer geschützt?

Sexistische Normalität

Bis 1997 war Vergewaltigung in der Ehe als scheinbare „Ehepflicht“ in Deutschland nicht illegal. Die meisten Tötungsdelikte unter gleichaltrigen Erwachsenen finden zwischen Partner*Innen statt. Immernoch muss die Mehrheit der FLINT*-Personen Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt machen.

Sogenannte Lebensschützer*Innen verteidigen den Anspruch von Staat und Kirche gegen die reproduktive Selbstbestimmung von FLINT*-Personen. Dabei sterben immernoch weltweit jährlich tausende FLINT*-Personen bei unsicheren, illegalisierten Abtreibungen. Abtreibungsgegner*Innen werfen ihren Gegner*Innen vor, einer (Gender-) Ideologie nachzulaufen, dabei folgen sie selbst den Dogmen der Kirche in der Tradition von Verfolgung, Kolonialisierung und speziell der Hexenverbrennung.

Doch auch selbsternannte Feminist*Innen brechen mit dem Selbstbestimmungsrecht und dem gemeinsamen Kampf, wenn sie uns ausschließen wollen,indem sie Transfeindlichkeit reproduzieren und behaupten trans Frauen seien keine „richtigen“ Frauen. Auch Sexarbeiter*Innen sind ihrer Meinung nach unfähig selbstbestimmt ihren Beruf auszuüben.

In unserer patriarchalen Welt gehört sexistische Gewalt zum Alltag – nicht nur durch sexistische Sprüche, Blicke und Handlungen. Femizide (also Morde an Frauen, weil sie Frauen sind) finden täglich irgendwo auf der Welt statt. Jüngst wurde die „Dritte Option“ geschaffen, also eine bürokratische Möglichkeit in offiziellen Dokumenten eine dritte Option neben den binären Kategorien „männlich“ und „weiblich“ anzugeben. Ein Schritt in die richtige Richtung.

Neugeborene, die nicht eindeutig in jene binäre Kategorien passen, werden direkt operiert und eindeutige Merkmale geschaffen – diese gewaltvolle Erfahrung vieler intergeschlechtlicher Personen führt zu oft zu psychischen Folgen oder einer Entfremdung vom eigenen Körper.

Antifeminismus als einendes Element der „Neuen Rechten“

Doch was erkämpft wurde, wird bedroht – Konservative, „Patrioten“, Neo-Faschist*Innen und die sogenannte (bürgerliche) Mitte eint eine Idealisierung des Leitbildes der Kleinfamilie, die aus Vater (Versorger), Mutter (Hausfrau) und Kindern besteht. Andere Lebenskonzepte werden nicht staatlich sanktioniert. Aber das Leitbild wird wieder ausnahmslos zur Regel erklärt um wahlweise den „Volkstod“ zu stoppen oder die demographische Struktur bzw. die Rentensysteme vor dem Untergang zu bewahren. Menschen die von dieser Norm (heterosexuelle Kleinfamilie) abweichen werden ausgegrenzt.

Die sogenannte Neue Rechte ist weltweit geeint in der Frage, welche Rollenbilder von Frauen und Männern erwartet werden. Diese konstruierte Binarität und die damit verbundenen Rollenerwartungen müssen eingeübt, ausgeübt und reproduziert werden. Dabei sind diese Rollenerwartungen, und das rückschrittliche Frauenbild der Neuen Rechten nichts neues sondern altbacken.

Für einen antikapitalistischen Feminismus!

Doch auch im „Mainstream“ sind genau jene antiken Rollenbilder verbreitet und werden durch Massenmedien und sozialen Netzwerken wiedergegeben. Queere Menschen werden in westlichen Medien selten und sehr stereotyp dargestellt.

„Feminismus“ ist problemlos in den modernen neoliberalen Kapitalismus integriert worden. Selbst die Modeindustrie hat erkannt, dass sich Produkte mit dem Stempel „feminism“ scheinbar besser verkaufen. Immernoch beuten sie FLINT*-Personen im globalen Süden unter mangelhaften Arbeitsbedingungen aus. Dafür können wir, für wenige Euros uns diesen Stempel kaufen und uns, egal wie die individuelle Haltung ist, damit schmücken. Diskussionen um Quoten sind wichtig – doch was nützt es den FLINT*-Personen, die immernoch für Mindestlohn nachts das Großraumbüro putzen, wenn eine andere FLINT*-Person nun das Privileg hat, dank Frauenquote, mit elf CIS-Männern im Aufsichtsrat oder Vorstand eines Dax-Konzerns zu sitzen? Strukturell wird unbezahlte und unterdurchschnittlich bezahlte Arbeit trotz all dieser im Mainstream geführten feministischen Diskurse auf FLINT-Personen abgewälzt; sie werden bei gleicher Leistung schlechter bezahlt und sind trotz Quote immernoch in „Leitenden Positionen“ unterrepräsentiert.

Bei speziell für Frauen angebotenen Produkten und Dienstleistungen wie etwa Körperpflegeartikeln bis zu Friseurdienstleistungen varriieren die Preise zu gleichartigen Artikeln und Dienstleistungen für Männer. Erstaunlich ist, dass die Norm in dieser Domäne eine „weibliche“ ist (Nivea – Nivea men; Schminkartikel – „Männer-„Schminke) – vermutlich weil Körperpflege im Mainstream „weiblich“ gelesen wird.

Im letzten Jahr konnte durch eine Petition die „Luxussteuer“ auf Periodenprodukte (vormals 19%, nun 7%) abgeschafft werden und damit eine unumgehbare steuerliche Mehrbelastung der Menstruierenden endlich aus der Welt geschafft werden! Kurz darauf zogen die Herstellerbetriebe die Preise an, erhöhte die eigene         Gewinnmarge und alles war beim Alten.

Für die befreite Gesellschaft für alle!

Der Kampf gegen das Patriarchat ist aber kein bestimmter gender-exklusiver Kampf – es ist ein Kampf für die befreite Gesellschaft für alle! Auch Cis-Männer leiden unter patriarchalen Rollenbildern, die ihnen Emotionalität absprechen, Stärke fordern oder bestimmte Dress-Codes verlangen. Diese toxische (~giftige) Männlichkeit hindert selbst jene Männer, die ökonomisch erfolgreich sind, sich menschlich zu verhalten, da sie in ihrem Bestreben nach dem Ideal der „hegemonialen Männlichkeit“ ständig nach mehr Statussymbolen, Macht und möglichst „männlichem“ Verhalten verlangen. Beispielhaft zeigt sich dieses Verhalten gegenüber FLINT*-Personen in dominantem Redeverhalten wie z.B. Mansplaining(2) und dem Absprechen von Kompetenzen.Das Machtgefälle wird demonstriert, indem wir kleingehalten werden z.B. durch lauter                               sprechen und ins Wort fallen.

Unsere Ängste werden zu oft nicht anerkannt und uns abgesprochen. Stattdessen wird uns Paranoia unterstellt.

Nicht nur in unseren politischen Kämpfen und Organisationen treten wir für Feminismus ein – „das private ist politisch“ heißt, dass wir uns mit eigenem oder/und fremden Verhalten in unserem Alltag auseinandersetzen, hinterfragen und kritisieren. Doch können wir nicht durch individuelle Handlungen oder eine andere Art sich auszudrücken das Patriarchat zerschlagen; dafür organisieren und kämpfen wir politisch!

My Body my Choice – raise your voice: Antifeminismus ist keine Alternative! Die befreite Gesellschaft schon!

(1) Cat-Calling – Belästigung auf der Straße (z.B. mit anzüglichen                      Geräuschen, Gesten etc.)

(2) Mansplaining – wenn Cis-Männer meinen FLINT*-Personen die Welt erklären zu müssen. Da sie (fälschlicherweise) davon ausgehen das FLINT*-Personen über alle Themen keine Ahnung haben und sie durch das erklären ihre Macht demonstrieren wollen.